Ja.
Bei Kündigung des Arbeitsvertrags auf Veranlassung des Arbeitnehmers und bei Entlassung des Arbeitnehmers wegen schwerwiegender Verfehlung kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangen, dass er die für berufliche Weiterbildung verauslagten Kosten zurückzahlt, vorausgesetzt:
- die Weiterbildungen wurden im Rahmen eines ordnungsgemäß durchgeführten Weiterbildungsplans organisiert;
- der Arbeitgeber hat einen Kofinanzierungsantrag für die besagten Weiterbildungen eingereicht;
- die Kosten beziehen sich auf das laufende Geschäftsjahr und die drei Vorjahre.
Die Möglichkeit einer Erstattung der Kosten gilt nicht für Weiterbildungen betreffend die Sicherheit und die Gesundheit am Arbeitsplatz für Fachkräfte für Arbeitssicherheit (vgl. FAQ D18b4)
Die vom Arbeitgeber geforderte Kostenerstattung darf höchstens:
- 100 % der während des laufenden Geschäftsjahres und des vorhergehenden Geschäftsjahres verauslagten Kosten betragen;
- 60 % der während des zweiten vorhergehenden Geschäftsjahres verauslagten Kosten betragen;
- 30 % der während des dritten vorhergehenden Geschäftsjahres verauslagten Kosten betragen.
Von dem zu erstattenden Betrag werden für jedes Geschäftsjahr die gewährten staatlichen Beihilfen und ein pauschaler Freibetrag von 1.240 Euro in Abzug gebracht.
Jedes Geschäftsjahr bedeutet hier „jedes abgeschlossene Geschäftsjahr“. Der pauschale Freibetrag muss folglich mit der Zahl der abgeschlossenen Geschäftsjahre multipliziert werden. Das laufende Geschäftsjahr ist per Definition nicht abgeschlossen, sodass hier kein Freibetrag zur Anwendung kommt.
Beispiel 1
Für eine Weiterbildung, die 2017 durchgeführt und bezahlt wird und deren Kosten sich für den Arbeitgeber auf 35.000 Euro belaufen, müsste der Arbeitnehmer im Kündigungsfall (im Jahr 2017, 2018, 2019 oder 2020) die folgenden Beträge zurückzahlen:
Jahr der Kündigung des Arbeitnehmers | Erstattungssatz | Pauschaler Freibetrag | Vom Arbeitnehmer zu erstattender Betrag |
---|---|---|---|
2017 |
100% |
0 Euro |
35.000 Euro |
2018 |
100% |
1.240 Euro |
33.760 Euro |
2019 |
60% |
2.480 Euro |
18.520 Euro |
2020 |
30% |
3.720 Euro |
6.780 Euro |
2021 |
nicht anwendbar |
nicht anwendbar |
0 |
Diese Anwendung von Artikel L. 542-16 des Arbeitsgesetzbuchs wurde durch ein Urteil des Arbeitsgerichts vom 13. März 2013, Nr. 1095/13 des Terminverzeichnisses, bestätigt. Dabei hatte ein Arbeitnehmer im dritten Jahr nach dem Jahr, in dem er die Weiterbildung absolviert hatte, gekündigt. Daraufhin bestätigte das Gericht die Berechnungen des Arbeitgebers, der 3 x 1.240 EUR abgezogen hatte (er hatte also das laufende Jahr nicht mitgezählt).
In der Rechtssache, die zu diesem Urteil geführt hat, hat das Gericht ebenfalls festgestellt, dass:
„der Kläger, der im dritten Jahr nach Entstehung der Weiterbildungskosten gekündigt hat, lediglich 30 % der gesamten Weiterbildungskosten übernehmen muss und darüber hinaus ein Freibetrag von (3 x 1.240 =) 3.720 EUR von diesem Betrag in Abzug gebracht werden muss.
Die Weiterbildungskosten beliefen sich auf 14.600 EUR, sodass der ausgeschiedene Arbeitnehmer einen Betrag von [(30 % x 14.600) – 3.720 =] 660 EUR hätte zahlen müssen.“
Die folgende Tabelle veranschaulicht dieses Beispiel: Der Arbeitnehmer hatte die Weiterbildung 2009 absolviert und im Jahr 2012 gekündigt:
Jahr der Kündigung des Arbeitnehmers |
Erstattungssatz | Pauschaler Freibetrag | Vom Arbeitnehmer zu erstattender Betrag |
2009 |
100% |
0 Euro |
14.600 Euro |
2010 |
100% |
1.240 Euro |
13.360 Euro |
2011 |
60% |
2.480 Euro |
6.280 Euro |
2012 |
30% |
3.720 Euro |
660 Euro |
Beispiel 2
Herr X hat im Juli 2011 eine Metallweiterbildung und eine Melody-Weiterbildung auf Kosten des Arbeitgebers in Höhe von 4.050/2 + 2.160/2 = 6.210/2, also 3.105 EUR absolviert.
Per Einschreiben mit Rückschein vom 13. Januar 2012 kündigte der Arbeitnehmer den Vertrag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von einem Monat.
Gemäß Artikel L. 542-15 des Arbeitsgesetzbuchs und nach Abzug des Freibetrags von 1.240 EUR nach Artikel L. 542-16 des Arbeitsgesetzbuchs ist die Forderung [zur Verurteilung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber Weiterbildungskosten in Höhe von 3.105 – 1.240 = 1.865 EUR zu erstatten], für den geforderten Betrag gerechtfertigt (Urteil des Arbeitsgerichts vom 22. Oktober 2012, Nr. 3724/12 des Terminverzeichnisses).
Die folgende Tabelle veranschaulicht dieses Beispiel:
Jahr der Kündigung des Arbeitnehmers | Erstattungssatz | Pauschaler Freibetrag | Vom Arbeitnehmer zu erstattender Betrag |
---|---|---|---|
2011 |
100% |
0 Euro |
3.105 Euro |
2012 |
100% |
1.240 Euro |
1.865 Euro |
Beispiel 3
In einem Entscheid des Berufungsgerichtshofs vom 4. Februar 2016, Nr. 42099 des Terminverzeichnisses, wurde diese Berechnungsmethode ebenfalls angewandt (auch wenn dies nicht ausdrücklich aus dem betreffenden Entscheid hervorgeht).
Der Arbeitnehmer hatte einige Tage nach einer zweiten vom Arbeitgeber bezahlten Weiterbildung und ein Jahr nach der ersten vom Arbeitgeber bezahlten Weiterbildung gekündigt.
Hinweis: Der Arbeitgeber legt mit Zustimmung des Arbeitnehmers eine Aufteilung der Erstattung in Form von monatlichen Zahlungen über einen Zeitraum von bis zu 3 Jahren fest.
Dem Arbeitgeber wird empfohlen, die zu erstattenden Beträge sowie die Modalitäten für diese Rückzahlungen im Arbeitsvertrag anzugeben.