Zunächst sei erwähnt, dass die großherzogliche Verordnung vom 9. Juni 2006 über die Fachkraft für Arbeitssicherheit keine Bestimmungen über die mögliche Verantwortung der Fachkraft für Arbeitssicherheit enthält. Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass die Verantwortung für die Umsetzung der Gesetze und Verordnungen in Sachen Sicherheit und Gesundheitsschutz in Ermangelung einer speziellen gesetzlichen Regelung beim Arbeitgeber bleibt. In einem Urteil vom 21. Oktober 2004 hielt das Bezirksgericht von Diekirch fest, dass die Fachkraft für Arbeitssicherheit keine Verantwortung trägt, wenn ihr keine Befugnisse vom Arbeitgeber übertragen wurden. In einem Entscheid vom 7. Juli 2016 hat der Berufungsgerichtshof Folgendes festgehalten: „Da der Arbeitgeber verpflichtet ist, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in allen arbeitsbezogenen Bereichen zu sorgen, und da er trotz der Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit verantwortlich bleibt, hat Letzterer den Arbeitgeber über die Ausführung seiner Aufgaben und seine Feststellungen auf den Baustellen zu unterrichten.“
Die Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit beschränken sich darauf, zu sensibilisieren, zu unterweisen, aufzuklären und zu überzeugen, es sei denn, ihr wurde ordnungsgemäß Verantwortung übertragen. Daher übernimmt sie keine Verantwortung für die Beseitigung der Gefahren am Arbeitsplatz; vielmehr muss der Arbeitgeber die Präventionsmaßnahmen mit dem Ziel planen, die Prävention mittels der Faktoren Technik, Arbeitsorganisation, Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluss durch Umgebungsfaktoren am Arbeitsplatz als kohärente Einheit zu gestalten.
Wenn die Fachkraft für Arbeitssicherheit schwere Verletzungen der Vorschriften zur Prävention von Arbeitsunfällen feststellt, hat sie nicht automatisch die Befugnis einzugreifen.
Der Arbeitgeber kann der Fachkraft für Arbeitssicherheit solche Befugnisse jedoch übertragen. Dennoch ist mit der Ernennung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit nicht zwingend eine Übertragung von Befugnissen verknüpft, bei welcher bestimmte Grundbedingungen und Formvorschriften eingehalten werden müssen. Die Übertragung von Befugnissen muss tatsächlich gegeben und bestimmt sein und darf keinerlei Zweideutigkeit aufweisen. Zudem muss sie eine Mindestlaufzeit und eine gewisse Beständigkeit haben und von ihrem Umfang her begrenzt sein. Befugnisse dürfen in der Regel einem Arbeitnehmer übertragen werden, der ausreichend qualifiziert sein muss, d. h. über die erforderlichen Kompetenzen und Schulungen verfügt, um die ihm übertragenen Befugnisse wahrzunehmen und tatsächlich auszuüben.
Der Beauftragte muss die erforderliche Autorität besitzen und über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügen, um seine Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. Es muss sich um eine wahrhaftige Übertragung von Befugnissen handeln. In diesem Zusammenhang muss der Beauftragte Entscheidungen unabhängig treffen können und eine tatsächliche Weisungsbefugnis haben.
Um formgerecht zu sein, bedarf die Übertragung von Befugnissen keiner Schriftform (obwohl dies ratsam ist), und der Nachweis kann mit sämtlichen Mitteln erbracht werden. Liegt ein Schriftstück vor, sind darin die übertragenen Befugnisse ausführlich anzugeben. Der Beauftragte muss genau und ausführlich über die Art der ihm übertragenen Aufgaben, die Pflichten und die Haftung, die diese mit sich bringen, sowie die Risiken, insbesondere strafrechtliche, mit denen sie behaftet sind, informiert werden. Alle vorstehenden Punkte müssen vom Beauftragten angenommen werden. Der Unternehmensleiter, der die Befugnisse überträgt, hat den Nachweis für diese Annahme zu erbringen.